Bilder zur Unterstützung des Lernprozesses
Bilder sind allgegenwärtig, sei es im Newsfeed, als Aufhänger für Artikel und Werbung oder auf Plattformen wie Instagram oder Pinterest. Sie haben also auf jeden Fall eine unterhaltende und Interesse weckende Funktion. Bücher mit vielen bunten Bildern wirken ansprechender. Die Frage, die es zu klären gilt, lautet: Bedeutet mehr Illustration auch mehr Lernerfolg? Wie also müssen Bilder erstellt, ausgewählt, bearbeitet und in einem Text angeordnet werden, damit sie nicht vom Thema ablenken, sondern zum Thema hinführen, es vertiefen, konkretisieren und verständlicher machen, statt nur zusätzlicher Ballast für das Arbeitsgedächtnis zu sein?
Unter welchen Bedingungen sind Bilder lernförderlich?
Alle bisherigen Studien zeigen, dass sowohl das Verständnis als auch das Erinnern und die Transferleistung durch einen bebilderten Text verbessert werden können. Dabei gilt jedoch: Bilder sind nicht generell lernförderlich im oben genannten Sinne, sondern nur dann, wenn sie eine hervorhebende, organisierende und insbesondere bei schwierigen Inhalten veranschaulichende Funktion haben. Diese Funktion können Bilder nur dann erfüllen, wenn sowohl Lernziele als auch Vorwissen und Kompetenzen der Lernenden sowie Bild- und Textmerkmale vor dem Einsatz reflektiert werden.
Lernziele können das Verstehen, das Memorieren oder der Transfer von Inhalten sein. Abhängig davon können entweder konkretisierende Bilder für das Verstehen, strukturierende Diagramme und ordnende Bilder für das Erinnern oder zum Beispiel ähnliche Bilder für den Wissenstransfer eingesetzt werden.
Auch Lerntests können visuell statt verbal gestaltet werden, um diese Darstellungsform aufzugreifen. Beispielsweise können Elemente aus einem bekannten Bild entfernt oder fehlerhaft gestaltet werden, sodass der Lernende das Bild vervollständigen oder korrigieren muss. Auch die Aufforderung, Bildelemente zu beschriften oder ein Bild aus dem Gedächtnis zu skizzieren, kann hier von Vorteil sein. Im Hinblick auf die Bewertung sind jedoch mögliche Schwierigkeiten beim Zeichnen selbst zu berücksichtigen.
Das Bild selbst muss natürlich von ausreichender Qualität sein, die Lernenden zu den richtigen Schlussfolgerungen bezüglich des Textes führen und den Schwierigkeitsgrad des Textes vereinfachen. Bei der Auswahl sollte ein zu großer Detailreichtum, der die Lernenden (auch zeitlich) überfordert, ebenso vermieden werden wie eine zu starke Vereinfachung, die wichtige Aspekte außer Acht lässt. Statt eines detailreichen Fotos oder einer einfachen Skizze könnte beispielsweise eine schattierte Skizze gewählt werden, die ausreichend realitätsnah ist. Aber auch hier gilt, dass eine solche Entscheidung nicht pauschal getroffen werden darf, sondern vom Lernziel und den Lernenden abhängig gemacht werden muss. So kann eine detailreichere Fotografie durchaus angemessen sein, wenn bereits viel Vorwissen vorhanden ist und die Lernenden einer Skizze zu wenig Zielführendes abgewinnen könnten.
Der Schwierigkeitsgrad des Textes und das Ziel seiner Präsentation bestimmen mit, welche Illustration als lernförderlich angesehen werden kann. Ein sehr leicht zu verstehender Text braucht nicht unbedingt eine Illustration. Ein unübersichtlicher Text kann von strukturierenden Bildern profitieren, ein Text, dessen Inhalt auswendig gelernt werden soll, von Bildern, die das Erinnern erleichtern. Schon die Aufforderung, sich den Inhalt des Textes visuell vorzustellen, fördert das Verständnis, auch wenn die Präsentation expliziter Bilder eine noch bessere Wirkung hat.
Die Bedeutung der Berücksichtigung des Vorwissens wurde bereits im Zusammenhang mit den Lernzielen, dem Bild und dem Text deutlich. Es muss jedoch noch genauer zwischen dem Vorwissen zum Thema des Textes und dem Vorwissen zu bildlichen Darstellungsformen unterschieden werden. So kann ein Bild für einen Lernenden ungeeignet sein, weil themenbezogenes Wissen fehlt (zum Beispiel zeigt das Bild A. Schopenhauer) oder weil darstellungsbezogenes Wissen fehlt (zum Beispiel zeigt ein durchgestrichener Kreis ein Verbot). Insbesondere fehlt den Lernenden oft ein systematisches Wissen über das Vorgehen bei der Bildbetrachtung (vergleichbar mit Strategien, die Lernende für die Texterschließung kennen).
Ausgehend von der „Kognitiven Theorie des multimedialen Lernens“ nach Mayer und dem „Integrierten Modell des Text- und Bildverstehens“ nach Schnotz lassen sich mehrere Prinzipien für die Kombination von Bild und Text ableiten.
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Bilder zu Texten sind immer dann lernförderlich, wenn sie nicht nur eine thematisch bedeutsame, ästhetische Funktion erfüllen. Dabei ist die Wirksamkeit der Bilder auf diejenigen Textabschnitte begrenzt, auf welche sie sich beziehen. Hinzu kommt, dass Lernenden häufig eine explizite Aufgabenstellung für den Umgang mit den Bildern benötigen.
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Insbesondere der Bezug zum Lernziel ist hier von zentraler Bedeutung. So können inhaltlich gleiche, aber in der Darstellung unterschiedliche Bilder für unterschiedliche Aufgabenstellungen von Vorteil sein, je nachdem, welcher Aspekt, welche Perspektive und so weiter im Bild in den Vordergrund gerückt wurde. Dies gilt sowohl für Lernende mit wenig als auch mit viel Vorwissen.
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Bilder, die nur aus ästhetischen oder aus Unterhaltungsgründen hinzugefügt werden, können das Arbeitsgedächtnis überlasten und damit den Lernprozess stören, weshalb auf unnötige Geschichten, zu detaillierte Texte, nicht zum Thema passende Bilder und Hintergrundmusik verzichtet werden sollte. Vielmehr sollten Text und Bild wechselseitig aufeinander Bezug nehmen und zur Rezeption des jeweils anderen motivieren. Dabei ist zu beachten, dass auch inhaltlich relevante Bilder den Lernerfolg behindern können, zum Beispiel, wenn der Lernende über so viel Vorwissen verfügt, dass die Bilder in ihrer Funktion überflüssig werden und ihr Betrachten daher nur Zeit kostet.
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Bild und zugehöriger Text sollten in räumlicher Nähe beieinanderstehen, durch Pfeile/Linien verbunden sein (beispielsweise interrepräsentationale Hyperlinks) oder durch digital eingeblendeten Text (nach Mausklick) neben dem Bild verknüpft sein. Die Möglichkeit eines leichten und häufigen Wechsels zwischen Text und Bild entlastet das Arbeitsgedächtnis und trägt so zum Lernerfolg bei. Gesprochene Erläuterungen zum Bild sollten aus ähnlichen Gründen zeitgleich mit der Präsentation des Bildes erfolgen. Passt ein Bild aufgrund seiner Größe oder ähnlichem nicht in die Nähe der Textpassage, sollte zuerst das Bild und dann erst der Text präsentiert werden, um nicht zuerst eine Vorstellung im Kopf des Lernenden zu erzeugen, die nicht zum präsentierten Bild passt.
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Gesprochene Erklärungen zu einem Bild eignen sich teilweise besser als geschriebene. Das liegt daran, dass sowohl das Lesen des Textes als auch das Betrachten des Bildes visuell sind und somit ein Kanal überlastet werden kann. Die Hinzunahme des auditiven Kanals kann hier eine Entlastung bedeuten. Nachteilig ist jedoch die oft fehlende Möglichkeit, die Geschwindigkeit anzupassen und das Sprechen zu unterbrechen. Aus diesem Grund kann bei einem hohen Schwierigkeitsgrad des Textes und ausreichender Zeit ein schriftlicher Text gegenüber einem gesprochenen Text von Vorteil sein.
Warum sollten Bilder eingesetzt werden?
Die Vorteile von Bildern sind vielfältig: Sie können motivieren, ästhetisch schmücken und vor allem das Verständnis erleichtern. Letzteres gilt vor allem für Menschen mit Lern- und Leseschwierigkeiten, aber auch für Lernende im Allgemeinen.
So dienen Bilder folgenden kognitiven Funktionen: Bilder können wichtige Inhalte eines Textes hervorheben und strukturieren. Sie können schwer Verbalisierbares veranschaulichen und mit mehr Detailreichtum darstellen und bieten damit auch die Möglichkeit, abstrakte Inhalte exemplarisch oder konkreter an vorhandenes Wissen anzuknüpfen. Darüber hinaus bieten sie insbesondere visuellen Lerntypen wichtige Ansatzpunkte für ein erleichtertes Erinnern, machen insbesondere räumliche (und damit auch zeitliche) Informationen sichtbar und ermöglichen eine Wahrnehmung im Ganzen anstatt in Sequenzen (wie beim Lesen eines Textes).
Dabei ist zu beachten, dass ein Bild oft nicht nur eine dieser Funktionen erfüllt, sondern seine Funktionalität in hohem Maße von seiner Präsentationsform (Position im Text, Betrachtungsdauer, Aufgabenstellung und so weiter) und dem Vorwissen der Lernenden abhängt.