Das Gedächtnis

Die theoretischen Annahmen von Lernmodellen basieren auf der Beobachtung, dass Lernende unterschiedliche Strategien anwenden, abhängig von ihrem Vorwissen. Wenn Lernende wenig Vorwissen haben, neigen sie dazu, Texte mehrmals zu lesen oder Bilder und Animationen intensiv zu betrachten, um alle relevanten Informationen aufzunehmen. Im Gegensatz dazu überspringen erfahrene Lernende Teile des Materials, das nicht in ihre vorhandenen Schemata passt, und nehmen nur selektiv Informationen auf. Diese Verhaltensweisen lassen sich durch die begrenzte Kapazität der menschlichen Informationsverarbeitung erklären.

Gedächtnistypen unterteilt in sensorischer Speicher, Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis
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Sensorisches Gedächtnis

Das sensorische Gedächtnis ist der erste Schritt in der Verarbeitung von Informationen, die wir über unsere Sinne aufnehmen. Es speichert sensorische Eindrücke für sehr kurze Zeit – nur wenige Millisekunden bis einige Sekunden. Es gibt verschiedene Arten von sensorischem Gedächtnis, die mit unterschiedlichen Sinnen verbunden sind, wie zum Beispiel:

1. Ikonisches Gedächtnis: Speichert visuelle Informationen.
2. Echoisches Gedächtnis: Speichert auditive Informationen.

Das sensorische Gedächtnis ermöglicht es uns, einen kurzen Moment lang Eindrücke festzuhalten, bevor sie entweder verworfen oder ins Kurzzeitgedächtnis überführt werden. Dadurch können wir beispielsweise ein Bild oder einen Klang für eine kurze Zeit nach dem Wahrnehmen "erleben".

Arbeitsgedächtnis
Mensch, der in einem Kopf steht und dort aufräumt
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Das Arbeitsgedächtnis kann nur eine begrenzte Menge an Informationen gleichzeitig verarbeiten. Lernende mit wenig Vorwissen haben oft kein themenbezogenes Schema, was zu wiederholtem Lesen oder intensiver Betrachtung führt, während erfahrene Lernende selektiver vorgehen. Die Konzeption multimedialer Arbeitsaufträge muss daher sowohl das Vorwissen der Lernenden als auch die Begrenzung des Arbeitsgedächtnisses berücksichtigen, um effektiv zu sein. Andernfalls sind multimediale Instruktionen nur zufällig erfolgreich. Die Vorstellung einer begrenzten Kapazität des Arbeitsgedächtnisses ist in der psychologischen Forschung gut etabliert. Die "magische Zahl 7" besagt, dass Menschen etwa 7 (plus/minus 2) Informationseinheiten gleichzeitig im Arbeitsgedächtnis verarbeiten können. Das Bilden von „Chunks", das heißt das Zusammenfassen von Informationseinheiten, verbessert die Erinnerungsleistung. Die Kapazitätsbegrenzung ist evolutionär vorteilhaft, da ein unbegrenztes Arbeitsgedächtnis zu ineffizienten Prüfprozessen führen würde. Die Begrenzung des Arbeitsgedächtnisses beeinflusst das Lernen abhängig davon, wie gut neue Informationen in vorhandenes Wissen integriert werden können.

Langzeitgedächtnis
Zeichnung eines Gehirns mit zahlreichen Notizzetteln und einer Person mit Stift
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Im Langzeitgedächtnis werden Informationen verbal, bildhaft oder auditiv gespeichert und später abgerufen. Dieses Wissen kann einfach auswendig gelernt oder strukturiert und elaboriert sein, wobei Schemata eine zentrale Rolle spielen. Schemata kategorisieren Informationseinheiten zu größeren Strukturen und helfen beim Organisieren von Wissen. Besonders wichtig ist dies beim Aufbau umfangreichen und strukturierten Wissens. Daher sollte multimediale Instruktion darauf abzielen, die Bildung und Anreicherung von Schemata zu fördern. Informationen im Langzeitgedächtnis erweitern die Arbeitsgedächtniskapazität erheblich.   Beim Verstehen arbeiten Langzeit- und Arbeitsgedächtnis eng zusammen. Übermäßig komplexe Lerneinheiten können jedoch zu kognitiver Überlastung führen. In solchen Fällen wird das Lernmaterial in kleinere Einheiten zerlegt, sequenziell verstanden und im Langzeitgedächtnis abgespeichert. Der Lernende entwickelt schrittweise komplexe Schemata, indem er neue Informationen schrittweise mit bereits im Langzeitgedächtnis vorhandenem Wissen kombiniert und organisiert.