Expositorisches und exporatives Lernen

Sowohl expositorisches Lernen als auch exporative Lernangebote können Bestandteil des selbstgesteuerten Lernens sein. Entscheidend ist, dass die Wahl des Verfahrens mit den angestrebten Lernzielen korrespondiert und Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, die gestellten Herausforderungen zu meistern.

  Exposition Exploration
Lehrstoff hierarchisch gegliedert flach gegliedert
Lernsituation formell informell
Zielgruppe homogen inhomogen, dispers
Lerngewohnheit unselbständig selbständig
Motivation extrinsisch intrinsisch
Vorwissen niedrig hoch

Kerres 2018, S. 360

Expositorisches Lernen

Expositorische („darbietende“) Methoden sind integraler Bestandteil von Lernangeboten und können vielfältig gestaltet werden. In expositorischen Lernsettings werden Informationen systematisch eingeführt und ohne hohe Partizipation der Lernenden angeboten. Präsentationen, Vorträge oder Lernvideos können hier als Beispiele genannt werden.

Die Herausforderung besteht darin, expositorische Methoden in ihrer Vielfalt zu nutzen und ihren Anteil in einem Lernangebot angemessen zu gewichten. Pädagogisch steht ein expositorischer Lehransatz vielfach in der Kritik (vgl. Kerres, 2018). Studien zeigen jedoch, dass „eine gezielte und dosierte Steuerung des Lernprozesses den Lernerfolg regelmäßig positiv beeinflusst“ (zitiert nach Kerres, 2018, S. 331, Bezug auf Hattie, 2009).

Bedeutung expositorischen Lernens

Das expositorische Lernen basiert auf der systematischen Präsentation von Lehrinhalten entlang eines Lernpfades. Dies bietet die Chance, Fachwissen auf strukturierte Weise zu vermitteln. Die Herausforderung besteht darin, die Lernprozesse zu intensivieren, beispielsweise durch die Integration von Beispielen und Übungen.

Die starke Steuerung seitens der Lehrperson steht einerseits in der Kritik, jedoch zeigt sich dieses Vorgehen als effektiv beim Erlernen feststehender Abläufe und der Einführung grundlegender Informationen. Die Art und Weise, wie Wissen während der Lernphase aufgenommen wird, beeinflusst entscheidend, wie die Lernenden dieses in Transferleistungen anwenden können. Hier ist auch die Lernkompetenz der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen. Lernende mit hohem Vorwissen, hoher Selbstwirksamkeit und auch dem „Wissen über den Erwerb von Wissen (metakognitives Wissen)“ (Kerres, 2018, S. 146) können autodidaktische Prozesse einleiten und über expositorische Lernwege nachhaltiges Wissen erlangen, welches von den Lernenden auf andere Bereiche übertragen werden kann.

Direct Instruction

Ein Beispiel für expositorischen Lernen ist die Direkte Instruktion. Direct Instruction zeichnet sich durch eine hohe Strukturierung seitens der Lehrenden aus. Sie folgt einem klaren Muster, das bekannte Inhalte wiederholt, Neues präsentiert, gestützte Übungen ermöglicht, Rückmeldungen integriert, eigenständige Übungsphasen einschließt und Tests beinhaltet. Die mediale Gestaltung kann hierbei durch hierarchisch strukturierte Lerninhalte erfolgen.

Eine mögliche Implementierung ist hier über Lernmanagementsysteme (LMS) wie itslearning möglich.

Explorative Lernverfahren
Kinder basteln mit farbigem Papier vieleckige Boxen.
© Andrey Cherkasov/stock.adobe.com

Im Gegensatz zu expositorischen Lernangeboten sind explorative Lernsettings wesentlich interaktiver gestaltet. Lernangebote können in Lerneinheiten unterschiedlicher Komplexitätsstufen gestaltet sein. Eine lose Struktur gibt den Lernenden die Möglichkeit, einen eigenen Pfad zu wählen. Explorative Angebote haben demzufolge den höchsten selbstgesteuerten Anteil in didaktischen Lernmethoden. Lehrende begleiten den Lernprozess geringfügig, indem sie zum Beispiel im digitalen Raum einen Lernpfad anlegen und Material zur Verfügung stellen.

Explorative Methoden setzen ein gewisses Maß an intrinsischer Motivation und Neugier bei Lernenden voraus (vgl. Kerres, 2018, S. 350), da die Lernenden aktiv an der Entwicklung der Lernziele partizipieren. Sie entscheiden, was sie wissen wollen.

Darüber hinaus gestalten sie den Weg, wie sie das Ziel erreichen, selbst. Lehrkräfte können hier differenzieren und den Weg je nach vorhandenen (Wissen-, Medien-, Sozial-)Kompetenzen stärker oder lockerer strukturieren.

Der Lernprozess ist hierbei nicht linear und verlangt eine offene Fehlerkultur und ein gewisses Maß an Selbstwirksamkeitserwartung bei den Lernenden. Sie müssen sich in der Lage fühlen, sich dieser explorativen Herausforderung stellen zu können. Der Einsatz digitaler Methoden hat den analogen Methoden gegenüber den großen Vorteil, dass „Computer […] in ihrer technischen Anlage nicht-lineare Medien“ (Kerres, 2018. S. 348) sind, wenngleich computergestützte Anwendungen auch strikt-linear programmiert werden können. Im Vergleich zu analogen Medien wie Büchern und Arbeitsblättern bieten digitale Medien jedoch eine inhärente explorative Herangehensweise (beispielsweise durch Hyperlinks, mehrere geöffnete Tabs, Kombination mehrerer Anwendungen in einem Lernpfad).

Herausforderung für das Gelingen explorativer Lernprozesse

Lernangebote vs. Wissensvermittlung

Die Auffassung des Lernens als Wissensvermittlung wird häufig vertreten, jedoch ist es wichtig zu betonen, dass Wissen nicht vermittelt, sondern lediglich durch verschiedene Medien bereitgestellt werden kann (vgl. Kerres, 2018, S. 328 ff.). Sowohl Lehrende als auch Lernende neigen dazu, an ihren langjährig entwickelten Vorstellungen bezüglich Lehren und Lernen festzuhalten, die durch institutionelle Prüfungspraktiken weiter gefestigt werden. Es besteht wenig Bereitschaft, diese Ansichten zu ändern, was dazu führt, dass Lernumgebungen bevorzugt werden, in denen eigenständiges Lernen als nicht zwingend erforderlich angesehen wird (vgl. Kerres, 2018, S. 351).

Fehlende Softskills wie Selbstkontrolle, Organisation, Zeitmanagement

Die Berücksichtigung subjektiver Lernvorstellungen ist von Bedeutung. Es kann förderlich sein, Lernende dazu zu motivieren, ihre individuellen Ansichten über das Lernen zu reflektieren. Die schrittweise Einführung von selbstständigem Lernen kann dazu beitragen, die Lernenden mit explorativem Lernen vertraut zu machen. Ein Fokus auf den Lernprozess anstelle ausschließlich auf die Ergebnisse kann die Qualität von Lernaktivitäten verbessern. Die Betonung der Nützlichkeit sowohl des Lernergebnisses als auch der explorativen Lernstrategie kann die Motivation steigern. Zudem ist es sinnvoll, die Förderung der Selbstdiagnose zu betonen und darauf hinzuweisen, dass die Überwachung des Lernprozesses selbst eine wichtige Fähigkeit ist. Diese Ansätze können dazu beitragen, eine förderliche Lernumgebung zu schaffen (vgl. Kerres, 2018, S. 351).

Anforderungen an einen explorativ gestalteten Lernraum

Der Raum ist für Lernende ansprechend, attraktiv gestaltet.

Ein attraktiv gestalteter Lernraum hat eine ansprechende Nutzungsoberfläche, aber auch inhaltlich ein Lernangebot, das die Lernziele verfolgt und die Neugier und Motivation der Lernenden anregt.

Die Interaktion, das Arbeiten im Lernraum ist für die Lernenden intuitiv und nutzungsfreundlich.

Lernende sollten sich im System zurechtfinden können. Hierzu ist in der Regel eine step-by-step-Einführung in die Lernumgebung beziehungsweise sind digitale Anwendungen zu empfehlen, gerade komplexere Anwendungen wie Lernmanagementsysteme bedürfen einer gewissen Medienkompetenz, die zuerst erlangt werden sollte. Die Lernenden sollten beim Agieren im Raum direktes und eindeutiges Feedback erhalten, ob sie ‚auf dem richtigen ´Pfad‘ sind.

Der Lernraum regt Lernende zu weiterführender Beschäftigung beziehungsweise Wiederholung an.

Das Lernmedium sollte wiederholte Übungsmöglichkeiten (beispielsweise durch differenziertes Angebot/Schwierigkeitsstufen) anbieten. Ein relevanter Aspekt ist die Weiterführung, indem das Medium auf andere Lernressourcen verweist und dazu ermutigt, vertiefende Informationen zu suchen. Eine Phase der Selbstreflexion konzentriert sich auf Metakognition, genau wie das Lernen mit dem Medium grundlegende Fähigkeiten zur selbstständigen Wissensaneignung fördert.

Quellen

Kerres, Michael: Mediendidaktik. Konzeption und Entwicklung digitaler Lernangebote. 5. überarbeitete Auflage. Berlin 2018. S. 325-361.

Kerres, Michael: Didaktik. Lernangebote gestalten, Waxmann Verlag, 2021 S.142-165.